"Darf ich das zuende schreiben?", fragte Pascha und war ganz bei der Sache. Die anderen sahen neugierig bei ihm vorbei und einige Kinder fragten, ob sie auch so ein Walheft bearbeiten dürften.
Eigentlich war Pause, aber Pascha las und schrieb sehr konzentriert. Es brauchte nur diesen kleinen Funken, um ein Feuer zu entfachen.
Wenn ich als Lehrkraft es möglich machen kann, dass ein Kind begeistert arbeitet und nachfragt, ob es weiterarbeiten darf, dann ist das doch
ein unglaublich wunderbarer Lernmoment.
Die Sorge, Pascha oder gar andere Kinder würden nun immer eigene, individuell erstellte Materialien zu bestimmten Themen wünschen oder
einfordern war gänzlich unberechtigt.
Pascha hatte ein Erfolgserlebnis. Das reichte aus, um seine Abneigung gegen schulische Aufgaben abzulegen.
Wir entwickelten in der Klasse gemeinsam Ideen für weitere Wissenskarteien und so entstand eine ganze Sammlung.
Einige Kinder lasen die Karten nur, andere schrieben sie ab und wieder andere erstellten Plakate und Portfolios mit weiterführenden eigenen Texten
zu den Karteien.
Das waren die zarten Anfänge einer freien Lernzeit.
Damals benannte ich das noch nicht so.
Es entwickelte sich langsam und gemeinsam mit dieser Klasse.
Mein Verständnis von mir als Lehrerin änderte sich zunehmend. Nicht schnell und nicht auf einmal.
Es brauchte viele solcher Kinder wie Ali oder Pascha.
Der Weg von einer reinen Vorgeberin zu einer Wegbegleiterin begann.
Es bräuchte viele Jahre, um ihn zu entwickeln und mich dabei zu verändern.
Die Erkenntnis, dass ich durch ein ganz einfaches Material ein Kind motivieren konnte und einen Zugang zum
Lernen ermöglichen konnte, allein durch die einfache Frage: "Was wäre denn was für dich?" war einer dieser
schulischen Schlüsselmomente für mich.