Ausgewählter Beitrag
Als ich in die Klasse zurückkam tauchten die Köpfe der Kinder rasch wieder über die gerade anfallenden Übungen und Arbeiten ab.
Natürlich hatten sie dem Spektakel gelauscht, genauso hätte ich es an ihrer Stelle auch gemacht.
Wir kamen im Kreis zusammen und ich versuchte zu erklären, dass es für manche Kinder manchmal schwer ist, Schule „auszuhalten“ oder gar „mitzuarbeiten“.
Mittlerweile war es leise geworden im unteren Flur und ich hatte großer Sorge, dass Ali fortgelaufen sein könnte.
Weit wäre er nicht gekommen, da unser Hausmeister informiert war und ein Auge auf ihn hatte, aber es war eine nicht einschätzbare Situation und ich war immens erleichtert, als die Blicke der Kinder zur Tür huschten.
Dort stand Ali.
„Ich komm nicht rein!“, sagte er. „Ich komm aber nicht rein!“
Es ist gänzlich unprofessionell zu erwähnen, dass ich in diesem Moment mein Herz an dieses achtjährige Kind verlor.
Und an all die anderen Kinder, von denen wir meinen, dass sie uns Probleme bereiten, wohlwissend, dass sie uns diese nicht bereiten, sondern selbst welche haben.
Probleme, die wir uns nicht ausmalen können, Traumata, die uns die Tränen in die Augen treiben und die uns hilflos zurücklassen.
Niemand lehrte uns das. Umzugehen mit Kindern, die im Grunde nicht wirklich die Schule brauchen sondern professionelle Hilfe in einer Form und Art und Weise, wie wir sie – leider – nicht leisten und geben können.
Also gehen wir nach bestem Gewissen vor. Nach Gefühl. Nach dem und mit dem, was wir haben.
Und das war viel zu wenig für Ali.
Dort stand er vor der offenen Tür. Im Flur. Sein Tornister stand neben mir im Klassenraum. Ali sah zerzaust und äußerlich so zerrissen aus, wie er sich – höchstwahrscheinlich – innerlich fühlte.
Mit seinen hängenden, kleinen Schultern stand er dort. Sein zornrotes Gesicht wirkte müde, sein Widerstand jedoch war ungebrochen.
„Ich will nicht!“, sagte er. Immer wieder: „Ich will nicht!“
Und ich konnte das gut verstehen.
schulbeherzt 12.10.2023, 09.33
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