Der Rektor hatte wieder einmal einen seiner cholerischen Ausbrüche und warf seinen Schlüssel nach einer Kollegin. Mitten in der Konferenz. Wie aus dem Nichts. Die Kollegin hatte nur einen sachlichen Einwand vorgebracht.
Das war Alltag an einer der Schulen, an denen ich als Junglehrerin unterrichtete.
In Zeiten der Lehrerschwemme hatte ich zunächst viele Vertretungsverträge, damals hieß das "Geld statt Stellen" und erst nach einigen Jahren erhielt ich eine Festanstellung. Trotz eines sehr guten Examens. Damals gab es mehr Lehrkräfte, als man brauchte und heute fragt man sich, wo all diese Kräfte nur geblieben sind?
Es war meine erste Festanstellung, meine erste eigene Klasse und ich geriet an eine Schulleitung, die tyrannisierend und schreiend regierte.
Zu dieser Zeit sah ich mich um nach weiteren Herausforderungen, nach neuen Möglichkeiten, nach Alternativen und es gab eine Schulrätin, die mich bei all dem sehr unterstützte. Die einmal zu mir sagte: "Sie sind wie so ein kleiner Motor, der nie stillsteht!" Ich nahm das als Kompliment auf.
Es war diese Schulrätin, die meinen Weg in den nächsten Jahren begleitete. Die mich motivierte im Kompetenzteam für den Bereich Sachunterricht zu arbeiten, die mich versetzte, fort von dem cholerischen Schulleiter, die mir in vielen Gesprächen immer wieder neue Möglichkeiten aufzeigte.
Da war er wieder: Der eine Mensch, der an mich glaubte.
Rückblickend betrachtet hatte ich immer großes Glück.
In vielen Lebenslagen einen Menschen an der Seite zu wissen, der Potenzial in einem sieht und entdeckt, der einen begleitet und fördert und fordert - das ist keine Selbstverständlichkeit.
Ich wurde Moderatorin, machte die entsprechende Ausbildung und hatte einige Jahre große Freude daran, Fortbildungen zu geben.
Irgendwann wollte ich mich weiterentwickeln, wollte "mehr", wollte Neues, Anderes, wollte nicht auf der Stelle treten.
Es war diese Schulrätin, die mich weiterhin begleitete, die mir Möglichkeiten aufzeigte, die mir die Richtung zur Fachleitung oder Schulleitung wies.
Die mir half, mich zu entscheiden, was für mich und meinen weiteren Weg richtig wäre.
Auch dieser Mensch verurteilte nicht. Ich musste natürlich mit Kritik leben, mir wurde natürlich aufgezeigt, wenn etwas nicht gut lief, aber wohlwollend und konstruktiv und nicht vernichtend.
Ich durfte Fehler machen und an ihnen wachsen und durch diese Fehler lernen.
Ich wurde nicht durch meine Fehler definiert, sondern sie waren ein natürlicher und willkommener Teil meiner Entwicklung.
Ohne diese Schulrätin wäre ich nicht Konrektorin und später Schulleiterin geworden.
Es waren drei Frauen, die meinen Weg begleiteten bzw. ohne die ich heute nicht die wäre, die ich bin.
Diese Schulrätin war eine davon.
Wenn ich ein bisschen was von diesen drei Frauen mitgenommen habe, wenn ich für einige Menschen auch der eine Mensch sein darf, der an einen glaubt. dann bin ich zufrieden.
Nicht immer gelingt es einen an einen selbst zu glauben.
Wie gut, wenn man dann einen Menschen hat, der das für einen übernimmt!