Das Referendariat war eine aufregende Zeit. Endlich durften wir unterrichten, waren weg von der theorielastigen Uni und hatten die Gelegenheit das zu tun, wofür wir brannten: Mit den Kindern arbeiten, Unterricht gestalten. Lehrerin sein.
Ich wurde einer katholischen Grundschule zugewiesen und war der festen Überzeugung, dies müsse ein Irrtum sein. Es stellte sich schnell heraus, dass es keiner war und gemeinsam mit einer weiteren Referendarin startete ich 1994 meinen Vorbereitungsdienst.
Unsere Sachunterrichtsfachleiterin kam frisch aus dem Referendariat und hatte noch nie als Lehrerin unterrichtet. Der Mangel an Fachleitungen war damals groß, unser Studienseminar wurde mit uns eröffnet und so bildete uns jemand aus, der selbst - außer im Referendariat - noch nicht unterrichtet hatte.
Der Altersunterschied war minimal, das Selbstbwusstsein enorm und Reibungspunkte waren vorprogrammiert.
Ich erinnere mich an viele chaotische Seminare und vor allem an das Matheseminar. Damals war es so, dass man ein Mathefachseminar, in Deutschfachseminar, in Hauptseminar und das Seminar des 3. Fachs (bei mir Sachunterricht) hatte.
In Mathematik kam gerade das Zahlenbuch auf dem Markt und es hatten alle verloren, deren Schulen nicht so innovativ unterwegs waren und mit dem neuen Werk arbeiteten.
So wie an unserer Schule.
Ich sah nicht ein, grundlegend schlechter bewertet zu werden, nur weil an meiner Schule nicht nach dem neuen Konzept gearbeitet wurde.
Es kam, wie es kommen musste, es gab Ärger.
Ich hatte eine wunderbare Deutsch- und Hauptseminarleiterin. Und wieder das Glück jemanden an meiner Seite zu haben, der an mich glaubte.
Ein schulischer und beruflicher Werdegang sollte nicht von diesem Glück abhängig sein, aber das ist, was ich erlebt habe. Im Grunde ist es das, was ich immer noch erlebe.
Sie war die Seminarleiterin von der ich ganz viel lernte. Die Kritik konstruktiv vorbrachte, die zu Diskussionen einlud und uns bzw. mir nie das Gefühl gab "schlecht" zu sein, sondern auf dem Weg.
Die auch mal ein persönliches Wort an uns richtete, die zugab, wenn ein Seminar mal nicht so wunderbar lief und die ein Ohr für uns hatte.
Sie war es, die mir zuhörte, als ich berichtete, dass eine Kollegin meiner Ausbildungsschule zu mir gesagt hatte:
"Mach meine Aufsicht und sei still! Du bist hier schließlich die unterste Kaste!"
Sie war es, die mir Mut zusprach, mir immer wieder aufzeigte, dass ich auf einem guten Weg war und sich an die Schule wandte, um klarzustellen, dass es das Kastensystem in Deutschland wohl kaum gäbe.
Ich konnte damals nicht erkennen, wie wichtig sie für meinen Weg ins Lehrerdasein war.
Ich hatte ein zweites Vorbild.
Es sind diese Menschen, die an einen glauben, die wir im Herzen behalten.
Sie war es, die meinen Weg geprägt hat und dafür bin ich sehr dankbar.